Mittwoch, 6. September 2006

The Hacker: Amato eunt domus

amato Michel Amato stammt aus dem beschaulichen Grenoble. Dort kennt er die Menschen und die Menschen kennen ihn auch unter dem Namen „The Hacker“. Eigentlich ist er sogar eher als „and The Hacker“ bekannt, da man ihn häufig als siamesischen Zwilling einer Musikerin ansieht und zumeist nur in Verbindung mit ihrem Namen ausspricht. Da die besagte Miss aber in diesem Text nicht vorkommt, reicht es vollkommen, wenn man ihn Michel nennt.

Seit seinem jüngsten Künstleralbum „Reves Mecaniques“ sind zwei Jahre ins Land gegangen, in denen Michel parallel seine DJ-Karriere weiter vorangetrieben hat. Dokumentiert wird dies mit einer neuen Mix-Compilation, die den Titel „And Now“ trägt.

Bekanntlich legt Amato den Namen seiner Veröffentlichungen im voraus fest. Dieser dient ihm dann als Orientierung und Richtschnur. Als ihm dieses Mal partout kein geeigneter Titel einfallen will, kommt der Zufall zu Hilfe: „Eines Abends sah ich mir mal wieder ‘Monty Python’s Flying Circus’ an. Ich mag den Humor sehr. Dort wird jeder Sketch mit dem Worten ‚and now for something completely different’ eingeleitet, es ist ein Running Gag. Da dachte ich mir, daß dies eine sehr effektive und einfache Wendung ist, um meine Compilation zu präsentieren“.
Gesagt, getan. Als Mann der Tat verbringt er nicht Tage und Wochen mit der Trackselektion – er packt seine Plattentaschen aus, wählt ein gutes Dutzend Stücke aus seinem aktuellen Set und nimmt alles in DJ-Manier auf. Kein Computer, keine Nachbearbeitung – nur ein DJ und seine Plattenspieler.
“Ich wollte etwas schaffen, das sehr nahe an der Realität ist, also am Club-Erlebnis“, erzählt Amato. „Dort ist es niemals ganz perfekt, ich mache immer kleine Fehler oder auch größere, aber das ist authentisch. Es gibt sehr viele Mix-Alben, die mit dem Computer gemacht sind. Die sind zwar fehlerfrei, aber es fehlt irgendwie Persönlichkeit. Es gibt Leute, die das wirklich sehr gut beherrschen. Ich finde es interessant, aber es ist nicht das, was ich tun möchte. Mir geht es in erster Linie um die Musik, nicht um eine Technik-Show. Vielleicht bin ich in der Hinsicht altmodisch, aber ich hänge an den Tonträgern, das gilt auch für das Hören. Ich liebe meine Sammlung und jedes Cover“.

Diese Haltung spiegelt sich in der Titelauswahl wider. Die DJ-Sets von The Hacker kreisen um Electro-Stücke jüngeren Datums, beispielsweise von Ellen Allien; gleichberechtigt finden sich darin aber auch EBM-Klassiker von Front 242 und Liaisons Dangereuses, Detroit-Techno (Model 500) oder der frühe 90er-Sound von GTO. Michel Amato mag nicht auf eine spezielle Stilrichtung festgelegt sein. Welcher Sound gerade mehrheitlich angesagt ist, spielt für ihn eine untergeordnete Rolle. Gleichsam sind für ihn gute Stücke zeitlos: „Ich mische immer Klassiker in mein Programm. Es gibt eine Verbindung zwischen den alten Stücken und aktueller Techno-Musik. Ich bin niemand, der darauf versessen ist, stets nur die neusten Tracks zu spielen. Wenn mir etwas gefällt, spiele ich es, unabhängig vom Alter. Die meisten der jüngeren Leute merken übrigens gar nicht, aus welcher Periode die Stücke stammen, weil sie immer noch aktuell klingen. Ich habe eigentlich immer jemanden im Publikum, der nach ‚Los Ninos’ fragt. Ich finde es auch wichtig, diese tollen Sachen mit den Leuten zu teilen, die sie aufgrund ihres Alters vielleicht nicht kennen können“. Das findet offensichtlich auch sein Freund David Carretta, dessen Arbeit als DJ und auch als Produzent der von Michel Amato ähnelt. Eine neue Art von „French Thing“?! Schließlich ist auch der Sound von Terence Fixmer beispielsweise stark von EBM beeinflußt. „Ich weiß es nicht“, sagt Amato und schmunzelt: „Ich habe das schon öfter gehört. EBM war früher in Deutschland und Belgien sehr erfolgreich, vielleicht sind jetzt einfach wir an der Reihe“.

Wer jedes Wochenende durch die Techno-Clubs der Welt jettet, braucht auch einen Rückzugsraum zur Regeneration. Diesen bietet dem Hacker das beschauliche und etwas verschlafene Grenoble. Wenn Michel nach Grenoble zurückkommt, kommt er nach Hause. Mit „And now“ trägt er wiederum das Club-Erlebnis in die Wohnungen seiner Fans. Und jetzt zu etwas völlig anderem.

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